Samstag, 2. März 2013

Holland für Radfahrer – erste Eindrücke

Die Niederlande sind ein Fahrradland, das dürfte nicht überraschen. Was das allerdings im Alltag heisst und bei der sportlichen Betätigung auf dem Rad, war und ist für mich sehr spannend. Seit Mitte Januar durchkreuze ich Den Haag auf dem Weg von Bloemenburt (Wohnung) zur Nationalbibliothek (Arbeit). Der Fahrradverkehr in der Stadt ist beeindruckend, und das in mehrerlei Hinsicht. Erstens, sind verdammt viele Radfahrer unterwegs. Und obwohl sich viele von ihnen ziemlich viele Rechte nehmen und die Verkehrsregeln (z.B. rote Ampeln) ziemlich locker interpretieren, tolerieren zweitens die Autofahrer das große Gewusel. Es gab schon oft Situationen, die in Deutschland ein gnadenloses Hupkonzert und wüstes Geschimpfe auf beiden Seiten provoziert hätten. Und hier, nichts dergleichen, faszinierend. Drittens, sieht man kaum behelmte Radfahrer, was auch für Kinder gilt. Da haben die Firmen Bell, Giro und Co einen echt schlechten Stand, warum auch immer. Viertens, haben Radfahrer praktisch freie Straßenwahl. Radwege gibt es fast überall. Große Straßen haben sogar auf beiden Seiten Radwege die in beide Richtungen benutzt werden dürfen. Und im Innenstadtbereich dürfen Radfahrer die allermeisten Einbahnstraßen auch gegen die Fahrtrichtung nutzen. Was für Autofahrer ein echter Alptraum ist, weil man in dem Straßengewirr kaum einmal der Direttissima folgen kann, klappt für Radfahrer ohne Probleme, echt cool.

Auch der Überlandverkehr mit dem Rad ist faszinierend. Radwege und Fahhradstraßen gibt es fast überall. Das ist zwar zunächst gewöhnungsbedürftig, weil ich in Deutschland um Radwege einen großen Bogen gemacht habe und die Straßen bevorzugt habe. Hier in Holland muss das aber nicht sein. Manchmal ist es zwar sehr winkelig und offensichtlich eher für den Tourenradler als für den sportlich ambitionierten Radler konzipiert, aber die Autofreiheit macht es allemal wett. Es gibt Straßen da trifft man für Kilometer kein Auto. Ganz zu schweigen von den Radautobahnen durch die Dünen: z.T. perfekter Asphalt durch fantastische Landschaft und immer hoch und runter, ziemlich geil – anders kann man das fast nicht beschreiben. Ein kleines Problem auf dem Papier scheint die Orientierung zu sein, weil man sich in dem Gewirr an gut ausgebauten Wegen nicht so ohne Weiteres zurechtfindet. Da bin ich dankbar mein Dakota zu haben, das mir speziell jetzt am Saisonanfang einiges an Umwegen spart, und es mir so erlaubt meine Kräfte sinnvoll einzuteilen. Aber auch wenn man kein GPS hat, kann man sich auch auf die hervorragende Beschilderung verlassen. Außerdem gibt es ein dichtes Netz an nummerierten Radrouten, die auch häufig von fest installierten Karten am Straßenrand begleitet werden. Verfahren wird nicht wirklich leicht gemacht.

Zum Thema Orientierung noch eine Ergänzung: für die Tourenplanung gibt es hier nicht nur Radkarten auf Papier. Auch das Internet bietet erstaunliche Möglichkeiten, die mir aus Deutschland (Berlin) nicht bekannt sind. Unter http://www.fietsersbond.nl/fietsrouteplanner/ kann man sich seine eigenen Routen zusammenbasteln und anschließend aufs GPS Gerät übertragen – kostenlos.

Zusammenfassend muss ich bisher sagen, dass mich Holland überrascht, und ich sicher noch eine Weile brauche, um mich komplett daran zu gewöhnen. Die Rückgewöhnung an deutsche Verhältnisse könnte dagegen weit schwerer werden, wenn das jemals wieder zur Debatte steht. Holland ist tatsächlich ein echtes Fahrradland, wo den nichtmotorisierten Zweirädern nach meinen bisherigen Eindrücken der Respekt entgegengebracht wird, den sie verdienen. Hier können sich v.a. deutsche Autofahrer nicht nur eine Scheibe abschneiden.